“Jobbörse trifft Partnervermittlung” – so beschreiben mir Bernd Vögele und Josef Schindler, die Geschäftsführer der BirdieMatch GmbH, ihr Jobmatching-Portal. Im Portal werkelt ein selbst entwickelter Algorithmus, vergleicht auf Basis hunderter Kriterien den potentiellen Job mit dem idealen Bewerber. Zudem richtet sich das Portal ausschließlich an Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus der Logistik. Ich weiß, dass Leipzig mit dem DHL-Hub und dem Logistikzentrum von Amazon ein Teil dieser Industrie ist, kenne mich aber ansonsten nicht sonderlich gut aus.
Weshalb das Start-up die Logistik gewählt hat und warum sie sich neben Hamburg auch Leipzig als Standort ausgesucht haben, werde ich im Interview in Erfahrung bringen.
Starten werde ich allerdings mit einer provokanten Frage: Es existieren einige bekannte Jobportale. Da finden Logistiker doch sicher auch einen Job. Was unterscheidet euch von diesen Portalen und was hat euch dazu bewegt, die Logistik als exklusive Industrie für euer Portal zu wählen?
Wir sind kein klassisches Jobportal, auf dem man sich einfach nur anmeldet und dann selbst nach Jobs sucht. Auf BirdieMatch werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer gematched – wie bei einer Partnerbörse – nur eben mit Jobs. Allein durch unseren Algorithmus unterscheiden wir uns maßgeblich von allen Portalen, die man online findet. Wer sich bei unserem Online-Matching anmeldet, kann aus über 500 logistik-spezifischen Kriterien wählen, wie er oder sie sich den Traumjob vorstellt. Dabei lassen sich Wünsche wie die Arbeit von Zuhause, oder dass man bei seinem nächsten Arbeitgeber gerne den Hund mit zur Arbeit bringen würde, auswählen. Für uns gehören solche Kriterien mittlerweile einfach dazu.
Schindler
Die Logistikbranche ist die drittgrößte Industrie Deutschlands und weltweit ganz vorne dabei. Ich selbst bin schon über 18 Jahre in der Personalberatung in der Logistik tätig und kenne mich gut aus. Der Fachkräftemangel ist gerade hier besonders ausgeprägt und wir waren uns sicher, dass wir mit unserer Idee, nämlich einem Jobmatching-Portal für Logistiker, einen Nerv treffen.
Vögele
Ich habe gelesen, dass ihr im letzten Jahr einen privaten Investor ins Boot geholt habt. Wie ist es dazu gekommen? Kanntet ihr euch bereits?
Unser Investor ist selbst ein Unternehmer aus der Transport- & Logistikbranche. Obwohl die Branche groß ist, kennt man sich untereinander. Vor allem in Hamburg. Unser Investor ist ein langjähriger Geschäftspartner. Letztendlich konnten wir ihn mit unserem Konzept überzeugen. Da war es auf jeden Fall hilfreich, dass er die Branche ebenfalls gut kennt. Er weiß um den vorherrschenden Fachkräftemangel.
Vögele
Was plant ihr mit der Investition? Was sind aktuell eure wichtigsten Projekte?
Momentan steht an oberster Stelle die Skalierung unserer Plattform und damit auch der Launch der neuen Berufsklassen. Neben den kaufmännischen Berufen gibt es demnächst auch Vakanzen für Berufskraftfahrer, Staplerfahrer, Lagermitarbeiter und weitere sogenannte “Blue Collar” Jobs. Der Begriff “Blue Collar” leitet sich übrigens von den Blaumännern ab, den blauen Arbeitsoveralls. Darüber hinaus ist die Transport Logistic-Messe in München dieses Jahr im Juni ein großes Projekt für uns. Wir planen jetzt schon zum zweiten Mal das Jobmatching Live Event zusammen mit der Messe München.a bringen wir unser Portal quasi auf die große Bühne und matchen “live” Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus der Logistik.
Schindler
Wie kann ich mir das Live-Matching vorstellen? Vorher ausgesuchte Arbeitgeber können sich vorstellen und die Zuhörer sind zugleich potentielle Job-Kandidaten?
“Nein, das läuft ab wie beim Speed-Dating. Im Vorfeld haben sich bereits mehrere Unternehmen für das Job Matching Live über die Messe München angemeldet. Als nächstes haben Kandidaten die Möglichkeit, sich über einen Online-Kalender für einen Slot beim Event zu bewerben. Die Teilnahme ist kostenlos; allerdings müssen sich die Kandidaten vorab (ebenfalls kostenlos) bei BirdieMatch registrieren und ihr Profil vollständig ausfüllen. So möchten wir sicherstellen, dass Kandidaten und Unternehmen grundsätzlich zueinander passen und die Chancen auf ein “Match” steigen.
Während des Events lernen sich Kandidaten und Unternehmen dann in einem jeweils zehnminütigen “Speed-Dating” kennen – und werden sich im Idealfall direkt einig!
Wie verlief das letzte Jahr für euch?
Das letzte Jahr war für uns in vielerlei Hinsicht ein voller Erfolg! Zum einen konnten wir die Series-A Runde abschließen und Kapital für BirdieMatch gewinnen. Wir hatten im Jahr 2018 einen Wachstumsanstieg von 200% bei den Usern unserer Plattform. Das spricht natürlich für sich. Intern haben wir unsere Mitarbeiterzahl verdoppelt, das Wachstum der Plattform erfordert auch Vergrößerung auf unserer Seite. Vor allem im Sales-Bereich und in der Entwicklung haben wir uns deutlich erweitert.
Schindler
Ein wichtiges Projekt vom letzten Jahr, mit dem wir dieses Jahr in die zweite Runde gehen, ist der BirdieMatch-Gehaltsreport. Wir nehmen die Gehälter der Logistik unter die Lupe und informieren z.B. darüber, wer was verdient oder worauf es Jobsuchenden und Unternehmen heute ankommt. Im letzten Jahr waren wir damit die Ersten, die so eine Studie herausgebracht haben (https://www.birdiematch.de/logistik-jobs-gehaltsvergleich/) und wir freuen uns natürlich, dass das Interesse so groß war, dass wir dieses Jahr in die zweite Runde gehen können.
Vögele
Und worauf kommt es den Suchenden an? Wollen sie möglichst viel Geld verdienen oder werden die Arbeitsbedingungen wichtiger?
“Das Gehalt spielt natürlich immer eine gewisse Rolle. Was wir aber feststellen ist, dass Benefits zunehmend an Bedeutung gewinnen und Bewerber auch bereit sind, im Gegenzug gewisse Abstriche beim Gehalt zu machen. Dabei handelt es sich vorwiegend um flexible Arbeitszeiten, die Option, gelegentlich im Home Office arbeiten zu können, die Übernahme der Kosten für einen Kita-Platz durch den Arbeitgeber, kostenlose Getränke im Büro etc.
Wo seht ihr bei euch bzw. Eurer Plattform noch Verbesserungspotenziale?
Nach dem Rollout der “Blue Collar” Jobs können wir sicherlich wieder eine Menge lernen, da sich Verbesserungspotenziale erschließen werden, sobald wir das Feedback der neuen Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben.
Die benötigten beziehungsweise gewünschten Skills von Fahrern und Lagermitarbeitern unterscheiden sich in einigen Bereichen grundlegend von denjenigen, die wir für kaufmännische Berufe der Logistik eruiert und optimiert haben. Hierzu haben wir selbstverständlich bereits Daten erhoben und in unseren Algorithmus einfließen lassen; dennoch wird das ganze Projekt auch für uns ein spannender Verbesserungsprozess werden.
Ihr habt Zweigstellen in zwei deutschen Städten. Wo gefällt es euch besser und warum habt ihr euch dafür entschieden?
Ja genau, unsere Zweigstellen sind in Hamburg und Leipzig. Das Sales Team sitzt zum größten Teil in unserem Büro in Hamburg und das Team um unseren Entwicklungsleiter in Leipzig. Deshalb auch die Entscheidung für Leipzig. Er ist dort zuhause und hat durch seine Kontakte Leute früh mit ins Team gebracht.
Schindler
Und Hamburg ist meine Heimat, hier lebe und arbeite ich. Natürlich ist es nicht zu verachten, dass die Metropolregion Hamburg der Logistikstandort schlechthin ist. Mich dürfen Sie da natürlich nicht fragen, wo es mir besser gefällt. Aber beide Städte haben ihre Vorteile und mit Laptop und mobilem Telefon etc. können wir von überall arbeiten. Das ermöglichen wir unseren Mitarbeitern ebenfalls.
Vögele
Seid ihr zum ersten Mal im Cafe Satz?
Ja, tatsächlich! Obwohl der Coworking Space, in dem unsere Software-Entwicklung arbeitet, nur ein paar Häuser entfernt liegt. Ich bin allerdings alle paar Wochen hier in Leipzig und der Kaffee ist super. Mir gefällt es hier, also werde ich in Zukunft bestimmt mal für die ein oder andere Pause hier vorbeischauen 😉
Schindler
Danke für das spannende Gespräch und ich hoffe sehr, wir treffen uns im nächsten Jahr wieder. Ich möchte schließlich erfahren, ob ihr eure Projekte umsetzen konntet. Und ob ein Online-Job-Matching zum Erfolg führt. 😉
Warum nicht? Kommt ja häufiger vor, dass man sich am Arbeitsplatz verliebt… 🙂
Leider gibt es Birdiematch nicht mehr. Leider hört und liest man viel zu häufig nur die positiven Geschichten der Startup-Szene. Wenn aber die Träume ausgeträumt werden, erfährt man wenig davon.