Zwischen selbstgenähten Blümchenkleidern, verstaubten Bilderrahmen und längst vergessenen Briefen fühlt sich die Geschichte meiner Familie plötzlich ganz lebendig an. Marcel geht hier noch einen Schritt weiter. Er hat das Upcycling alter Objekte zur Geschäftsidee gemacht. Für „Startklar“ habe ich mit ihm über seinen persönlichen Weg gesprochen – von den ersten Bastelexperimenten mit Opa Heinz bis zur Präsentation seiner aktuellen Kollektion im STARTER SPACE in den Höfen am Brühl.
Marcel, du baust Designerlampen aus Dingen, die andere Leute wegwerfen. Wie bist du zum Upcycling gekommen?
Das gehört schon zu meiner Lebensweise. Das Nachhaltige. Das Reduzierte. Wir sind zuhause eine Familie von fünf Personen. Da stellt sich natürlich die Frage: „Was braucht man wirklich zum Leben?“ Ich würde sagen, weniger ist mehr. Von meinen Großvätern, die beide früher Firmen hatten, habe ich zudem schon als Kind gelernt, erfinderisch zu sein. Sie mussten immer wieder improvisieren, weil es viele Sachen einfach nicht gab. Weggeworfenes reparieren und wieder nutzbar machen – aus dieser Zeit kommt das wahrscheinlich bei mir.
Weißt du noch, was das erste Objekt war, das du damals gebaut hast?
Ja, das war bei meinem Opa Heinz in der Werkstatt. Er hatte Kupferrohre weggeschmissen, aus denen ich mit 13 Jahren meinen ersten Kerzenständer zusammengelötet habe. Opa Heinz, der inzwischen schwer krank ist und sich nicht mehr viel bewegen kann, habe ich auch eine Lampe gewidmet – die Heinz Eins. Sie besteht aus einem Holzgestell aus dem Schuppen meines Großvaters.
Nach der Schule bist du dann aber trotzdem nicht gleich Möbeldesigner geworden.
Das stimmt. Ich habe erstmal versucht, in eine dieser beiden Firmen meiner Großväter einzusteigen und habe dann einige Zeit als Spezial-Schweißer gearbeitet. Der Einstieg in das Thema Deko und Design kam ganz unabhängig davon über Clubs. Ich war damals in der Ambient-Musikszene sehr aktiv. Nachdem Freunde die vielen selbstgebauten Sachen in meiner Wohnung entdeckten, fragten sie mich, ob ich nicht mal die Deko für verschiedene Veranstaltungen bauen kann. Und das lief richtig gut. Dadurch habe ich mich dann für eine Ausbildung in Medien- und Kommunikationsdesign zu entschieden.
Wie ging es dann weiter?
Ich habe dann bei einem großen deutschen Konzern im Bereich Möbel- und Wohnraumgestaltung gearbeitet, fand das aber meistens ziemlich grässlich. Vor allem die Wegwerf-Mentalität. In dieser Zeit fing ich an, zu sammeln und gründete mit Freunden schließlich ein Gemeinschaftsatelier in Leipzig. Als eines meiner ersten Projekte habe ich ein futuristisches Stadtmodell aus Pappe gebaut. Utopia – so wie ich es mir vorstelle. Mit Häusern aus Pappe und Möbeln aus Pappe. Das Wortspiel Pappenhaimer lag dann irgendwann nah.
Heute kreierst du Objekte, die nicht nur phantasievoll, sondern auch nützlich sind.
Upcycling kannte ich damals tatsächlich nur als dekoratives Recycling. Das änderte sich als ich vor zwei, drei Jahren einen großen Schwung Holz aus einem Container fischte und daraus eine Spielküche und ein Kinderbett für meine Töchter baute. Ich habe dann richtig losgelegt mit dem Zeichnen und Entwerfen. So kam der erste Hocker, die erste Lampe, der erste Schreibtisch.
Was gibt es jetzt von dir im STARTER SPACE zu sehen?
Zwei Designerlampen und ein Massivholztisch. Jedes Objekt ist ein Unikat und zu jedem kann ich eine komplette Geschichte erzählen. Sie stammen aus Abrisshäusern, alten Fabriken oder Containern, die offen stehen. Ich sammle die Sachen und lagere sie ein, bis sie sich in meinem Kopf zu neuen Möbeln zusammensetzen. Da ich ein Faible für Mathematik, Geometrie und Astronomie habe, baue ich noch kleine Rätsel und Raffinessen ein. Am Ende entsteht ein Objekt, das exklusiv und zugleich inklusiv ist – einzigartig und trotzdem für jedermann.
Eine schöne Einstellung, finde ich. Ein passendes Unikat für meine Wohnung habe ich in der aktuellen Pappenhaimer-Kollektion dennoch nicht entdeckt. Das mag vor allem daran liegen, dass Marcel und ich uns in einer wichtigen Geschmacksfrage unterscheiden: Er steht auf Sciencefiction und futuristische Designs. Ich mag es lieber klassisch und romantisch. Als Ansprechpartner in puncto Upcycling werde ich mir Marcel trotzdem auf jeden Fall notieren. – Schließlich übernimmt er auch Auftragsarbeiten für Kunden, die sich Unterstützung bei der Aufbereitung alter Möbelstücke wünschen. Vielleicht erhält der ein oder andere Schatz vom Dachboden meiner Großeltern so bald schon einen schicken neuen Look.
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